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Donnerstag, 19. September 2013

Hotelpreise, Spa und Wellness zu Zeiten der Belle Epoque


Das Splendid war ein teures Haus. Doch was genau heisst das in dieser Epoche? Eine Postkarte für das Hotel Baur au Lac in Zürich aus dem Jahr 1911 gibt freundlicherweise Auskunft. Das Baur au Lac war (bzw. ist) eines der besten Häuser am Platze und bewegte sich deshalb in einer ähnlichen Preisklasse wie das Splendid.


Nun sind die Preise von Fr. 3.50 pro Tag  bzw. Fr. 10.00 beschränkt aussagekräftig. Und das nicht nur wegen der Inflation, sondern auch, weil sich der Wert von Dienstleistungen in den letzten 100 Jahren dramatisch verändert hat. Früher konnte sich ein gutbürgerlicher Haushalt eine Köchin und/oder ein Hausmädchen leisten, weil deren Löhne im Vergleich zum Einkommen des Familienoberhauptes sehr viel niedriger waren.

Natürlich fragt man sich hier, wie viel denn die Angestellten eines solchen Hauses verdienten. Der Küchenchef des Hotel Splendide in Lugano (das gab es wirklich) verdiente im Jahr 1904 Fr. 300 monatlich. Er war der am besten bezahlte Angestellte, die Gouvernante erhielt Fr. 50 monatlich.*

Die Postkarte ist aber auch wegen des unter Baur au Lac-Bad aufgelisteteten Bäder- und Kurangebots interessant: Römisch-Irische Bäder sind eine Kombination aus Heissluft- und Thermalbädern. Bei den Elektrischen Strahlen-Bädern handelt es sich um elektrotherapeutische Angebote, damals der letzte Schrei. Die entsprechenden Anlagen sehen für das moderne Auge wenig vertrauenerweckend aus, doch damals war das der letzte Schrei. Duschen und Kaltwasserbehandlungen gehörten zur ebenfalls sehr beliebten Hydrotherapie. Schwedische Heil-Massagen und Gymnastik waren eine Vorform der modernen Physiotherapie. Eine solche Vielfalt von Therapien fand man sonst eher in abgeschiedenen Kurhotels vor. Das Baur au Lac (Bad) aber bot gutbetuchten Gästen ein Kurprogramm im städtischen Umfeld an; allerdings ohne dies so zu deklarieren; die Kur war immer noch medizinisch belastet, hier weht aber schon der Geist von Spa und Wellness durch Salons und Therapieräume, wie auch DamenFrisierSalon im Haus belegt – der Besuch beim Friseur gehörte wohl schon damals, wenngleich um einiges aufwendiger  zum weiblichen Wohlfühlprogramm.




*Thierry Ott: Palaces. Die schweizerische Luxushotellerie, YenssurMorges 1990.
Wer historische Geldwerte genauer einschätzen möchte, kann es auch hier versuchen.

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