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Donnerstag, 16. Januar 2014

Wintersportmode in der Belle Epoque


Ein Bob-Team in weissen Jerseys, Postkarte Arosa 1914.

Als Lady Georgiana beschloss, Unterricht in Eiskunstlauf zu nehmen, hatte ich ein Problem. Ich wusste nicht, was eine modebewusste Belle Epoque Dame dazu anziehen würde. Für die Sommersportarten wie Schwimmen und Fahrradfahren hatten sich notwendigerweise eigene, oft den Zeitgeist schockierende (Damen-)Moden entwickelt. Bei den Witnersportarten sah das etwas anders aus. Wenn man entsprechendes Bildmaterial studiert, dann macht es den Anschein, als hätten die Damen und Herren einfach bequeme Alltagskleidung angezogen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man aber, wie eine bestimmte Art von Kleidungsstücken immer häufiger auftaucht, die sonst von den feinen Herrschaften nicht getragen wurden: Cardigans oder Jerseys  das heisst, gestrickte Jacken oder Pullover.*

Winterausflug eines Töchterpensionats in  Grindelwald 1914. Hier scheint der Trend zu weiss (und zu Fasanenfedern) schon in den pubertären Gruppenzwang umgeschlagen zu haben. Und auch was das Sportgerät anbelangt, liess frau sich nicht lumpen: neben Holzschlitten sind hier Velogemel zu sehen (wurden 1911 zum Patent angemeldet).
Ebenfalls auffallend ist, wie häufig man der Farbe Weiss begegnet. Im späten 19. Jahrhundert war Weiss zur bevorzugten Sommerfarbe der Oberschicht geworden, weisser Kleidung wurde ein kühlender Effekt zugeschrieben, zudem war sie aufwendig in der Pflege und deshalb entsprechend exklusiv. Im sportbegeisterten Grossbritannien hinterliess der Trend besondere Spuren: Tennis wurde zum weissen Sport (ebenso Cricket). Und da viele Wintersportarten von den britischen Gästen eingeführt und gepflegt wurden, kann man wohl vermuten, dass die Gentlemen die Jerseys und Cardigans, die sie an kühlen Sommertagen für Tennis oder Cricket überstreiften, einfach beibehielten. Der Wechsel von Baumwolle zur Wolle lag auf der Hand, aber die bevorzugte Farbe blieb Weiss.

Lady Georgiana trug dann aber einen hellblauen Cardigan, weil sie natürlich nicht blind jeder Mode folgte (und ihr die Farbe besser stand).

*Feinstrick, sogenannter Jersey wurde für Unterwäsche verwendet. Zumindest bis Mademoiselle Chanel 1916 den Nerv hatte, daraus eine Kollektion zu schneidern und damit eine Meilenstein der Modegeschichte zu schaffen.



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